Interview

mit den Torhütern

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Die Position des Torhüters gerät vielmals in den Hintergrund und wird bei Siegen oft wenig beachtet, da dieser keine Tore erzielt. Der FVE hat das große Glück gleich drei Torhüter in seinem Kader zu haben.

Daniel Vogel, genannt Bird, hält den Kasten der 1. Mannschaft sauber. Manuel Fernandez und Oliver Hofheinz wechseln sich im Tor der 2. Mannschaft und als Ersatztorwart der 1. Mannschaft ab.


„Torhüter sind wie Wein – je älter sie werden, desto besser werden sie “

FVE: Was sind eure Stärken und Schwächen im Tor?
Manuel: Entwicklungspotential gibt es bei mir noch bei der Strafraumbeherrschung. Auch meine fußballerischen Fähigkeiten sind ausbaufähig. Meine Stärke ist meine Ausgeglichenheit.
Bird: Meine Stärke ist das Fußballerische. Wie Manuel würde ich bei meiner Strafraumbeherrschung noch Verbesserungsmöglichkeiten sehen.
Olli: Die Schwächen bei mir sind auch die fußballerischen Fähigkeiten und die Strafraumbeherrschung. Als Stärke sehe ich meine Reaktionen auf der Linie.
FVE: Wieso ist die Position des Torwarts im Allgemeinen so „unsexy“ und glaubt ihr, dass sich das in den letzten Jahren – speziell auch durch Manuel Neuer – geändert hat?
Manuel: Die Position des Torhüters hat sich meiner Meinung nach in den letzten Jahren stark verändert. Er wird mehr in den Spielaufbau mit einbezogen - nicht nur in der Bundesliga, sondern auch bei uns im Amateurbereich. Aufgrund unseres Spielsystems beim FVE mit der Viererkette ist es ein Wunsch des Trainers, dass der Torwart wie ein Libero agieren und mitspielen soll …
Olli: … ob das immer so gelingt ist wieder eine andere Frage.
Bird: Manuel Neuer hat das Ganze sicherlich positiv beeinflusst. Aber im Fußballgeschäft ist es immer noch attraktiver Tore zu schießen als diese zu verhindern, weil die Zuschauer einfach Tore sehen wollen.
Manuel: Manuel Neuer verkörpert perfekt den neuen Torhüterstil – jung, dynamisch und fußballerisch überragend. Und er kann weiter werfen als ich schießen.
Olli: Ich sehe das genauso. Wenn man an die Zeiten mit Oliver Kahn denkt hat sich viel verändert. Der Torwart ist athletischer, schneller und vielseitiger geworden. Früher galt „Hauptsache er hält den Ball“. Heutzutage ist man mehr in den Spielaufbau integriert.



Die perfekte Schlagzeile für das Interview wäre „Olli, Bird, Manu – rinks rum“

FVE: Es ist in der Jugend immer schwerer einen Torwart zu finden, als einen Stürmer. Meint ihr, dass dadurch mehr jüngere Spieler Torwart werden möchten?
Bird: Der Druck als Torwart ist auf jeden Fall höher. Wenn man einen Fehler macht ist der Ball im Tor.
Manuel: Als Torhüter ist man relativ schnell der Held oder der Versager. Man steht mehr in der Verantwortung als seine Mitspieler.
FVE: Wolltet ihr schon immer Torhüter werden oder habt ihr auch andere Positionen gespielt?
Olli: Mir wurden die Handschuhe im ersten Training in die Hand gedrückt und dann bin ich im Tor geblieben. Es wollte auch niemand anders Torwart werden.
Bird: Bei mir war es ähnlich. Die Position des Torhüters war die einzige, die noch frei war…
Manuel: Ich habe von den Bambinis bis zu E-Jugend auf dem Feld gespielt. Dann kamen im Sommer ein paar Fußballturniere und der Torwart hatte kurzfristig abgesagt. Da ich der größte in der Mannschaft war musste ich dann ins Tor. Im darauffolgenden Jahr habe ich dann in der E2 im Tor gespielt und in der E1 auf dem Feld. Dort wurde ich als Zehner eingesetzt. Allerdings mangelte es an der Defensivarbeit und sobald es aufs große Feld ging war es dann vorbei. Ab der D-Jugend habe ich dann nur noch im Tor gespielt.
FVE: Welche Charaktereigenschaften sollte ein Torhüter haben und welche wären wünschenswert?
Olli: Er sollte ein Spiel lesen können.
Bird: Für mich braucht er auch Führungsqualität.
Manuel: Im Prinzip muss er positiv verrückt sein. Und das wichtigste – auch wenn es keine Charaktereigenschaft ist – ist die Erfahrung. Je länger ein Torhüter spielt und Erfahrungen gesammelt hat, desto ausgeglichener und ruhiger wird er. Auch wenn man im Spiel seine Vorderleute gerne mal lauter die Meinung sagen möchte, ist damit keinem geholfen. Mit der Zeit lernt man dies ruhiger an die Leute heranzutragen…
Olli: ... mir fällt das nicht immer so leicht. Ich bin eher einer, der aus der Haut fährt, wenn das Spiel mal nicht so gut läuft. Ich brülle dann eher zu viel und merke das dann auch an der Reaktion der Spieler. Wichtig ist, dass man in solchen Spielsituationen Ruhe und Sicherheit ausstrahlt, sodass die Mitspieler wissen, dass wenn mal ein Fehler passiert, noch jemand da ist der diesen noch ausbügeln kann. Der Torwart sollte dann aber auch ein Antreiber sein, der die Mitspieler pusht, wenn es mal nicht so gut läuft. Er sollte mit einer gewissen „Fußballintelligenz“ merken, wann er das Tempo aus dem Spiel nehmen muss oder wann es angebracht ist, ein Spiel auch mal schnell zu machen.
Manuel: Kurz gefasst lässt sich sagen, dass der Torwart wie ein guter Wein ist – je älter der Torhüter ist, desto besser wird er. Man sagt, ab 28-30 Jahren sind sie in der Blütezeit.



„Tore schießen ist immer noch attraktiver als Tore zu verhindern.“

FVE: Habt ihr Rituale vor einem Spiel?
Bird: Ja, ich ziehe immer den rechten Schienbeinschoner und den rechten Schuh jeweils zuerst an. Das hat sich über die Jahre so ergeben und ich war damit immer erfolgreich.
Olli: Ich ziehe immer den rechten Handschuh zuerst an und wenn ich Richtung Tor laufe, schaue ich kurz zum Himmel und hoffe, dass alles gut läuft.
Manuel: Ein klassisches Ritual habe ich nicht, aber ich achte darauf, dass ich vor jedem Spiel beim Warmmachen dasselbe Dehnprogramm absolviere. Wenn es die Platzverhältnisse zulassen mache ich dieses immer gleich. Ich brauche ein gutes Warmmachprogramm, um mich im Spiel sicher zu fühlen.
FVE: Wie groß ist der Konkurrenzkampf bei euch dreien und versteht ihr euch privat gut?
Manuel: Ich persönlich verstehe mich mit jedem aus der Mannschaft sehr gut – also auch mit Olli und Bird. Ich habe auch nicht mehr dieses Konkurrenzdenken wie noch vor ein paar Jahren. Der Fußball ist für mich ein Ausgleich zur Arbeit und ich bin froh, wenn ich regelmäßig trainieren und in der 2. Mannschaft spielen kann. Wenn ich dann ab und zu in der 1. Mannschaft aushelfen kann, freut mich das sehr, aber ich habe nicht mehr den Ehrgeiz dort dauerhaft zu spielen. Wenn ich privat nach Karlsruhe zum Feiern gehe, sind Olli und Bird immer dabei und dann trinken wir auch zu dritt, bis wir nicht mehr stehen können.
Bird: Privat sehe ich das genauso. Den Konkurrenzkampf finde ich gut und den braucht man auch um Topleistung zu bringen.
Olli: Konkurrenz belebt das Geschäft. Ich persönliche habe auch kein Problem damit, alle zwei Wochen in der 2. Mannschaft zu spielen. Die Konkurrenz kommt uns und der Mannschaft zu gute.
Manuel: Die Konstellation mit drei Torhütern ist auch für die Mannschaft von Vorteil. Bei einem Abschlussspiel im Training hat man immer zwei Torhüter zur Verfügung und der dritte kann dann individuell mit unserem Torwarttrainer Peter Übungen machen. Andere Vereine sind froh, wenn sie ein oder zwei Torhüter im Training haben. Da haben wir ein Luxusproblem mit drei Torhütern.
FVE: Bird, bist du privat auch eher ein ruhiger Typ und gab es einen Moment, in dem du einmal richtig ausgeflippt bist?

Bird: Privat bin ich absolut ein ruhiger Typ. Bei ausgeflippt muss ich kurz überlegen… als Bayern die Champions League gewonnen hat oder Deutschland Weltmeister wurde, da bin ich ziemlich ausgeflippt. Nach einer Meisterschaft habe ich mir auch einmal meine schulterlangen Haare abrasiert.

FVE: Manuel, du bist beruflich sehr eingespannt. Wie schaffst du es Beruf, privates und den Fußball inkl. dem vielen Feiern unter einen Hut zu bekommen?

Manuel: Das frage ich mich von Vorbereitung zu Vorbereitung selbst wie ich das körperlich durchstehe, da das Torwarttraining beim Peter sehr anstrengend ist – speziell die Vorbereitung für die Rückrunde. Man muss ehrgeizig sein und den inneren Schweinehund überwinden. Schlussendlich merkt man nach 6 Wochen, wie fit man geworden ist und das hilft auch der Mannschaft. Durch meine Arbeit im Außendienst versuche ich Geschäftstermine so zu legen, dass ich Dienstag und Donnerstag im Training sein kann. Das klappt gut. Im Moment muss ich einmal im Monat sonntags arbeiten und da werde ich beim Spiel dann auch fehlen. Das Feiern zwischen den Trainingseinheiten erhält dann noch die Motivation. Meine Freundin sieht mich an den Tagen, an denen wir kein Training haben.

FVE: Olli, welche Aufgaben übernimmst du noch im Verein und wie schaltest du privat ab?

Olli: Früher war ich im Spielausschuss tätig, das hat sich aber gelegt. Das hat Fred Fegert übernommen und ich versuche ihn da so gut es geht zu unterstützen. Wenn er zeitlich etwas nicht hinbekommt, versuche ich das zu übernehmen. Bei den Damen habe ich in der letzten Saison ein paar Mal das Torwarttraining übernommen. Das würde ich wieder machen, wenn sich dort eine neue Torfrau findet. Ein Ausgleich ist privat das Feiern mit der Mannschaft und das Kochen. Da kann ich sehr gut abschalten.

FVE: Welches Tier beschreibt die anderen beiden am Besten?
Olli: Beim Manuel ist das auf jeden Fall der Wasserbüffel, weil er von uns dreien am meisten „Tier“ ist und alles abräumt, was sich ihm in den Weg stellt.
Manuel: Für den Bird müsste man am ehesten ein Tier finden, dass extrem gechillt ist. Er ist ein ruhiger und angenehmer Zeitgenosse. Da passt am besten eine Katze – ruhig und geschmeidig. Bei Olli müsste es irgendein Affe sein. Wenn er einen unhaltbaren Ball hält oder der Peter eine Übung mit 10 Torschüssen in Folge macht dann schreit Olli rum und gibt Laute von sich… Wie ein Urschrei - das klingt manchmal wie ein Affe. Peter nennt den Olli aber auch Qualle.
FVE: Macht ihr euch mehr Gedanken über eine Niederlage oder speziell Gegentore als ein Feldspieler?



„Wir verstehen uns auch privat gut und trinken zu dritt, bis wir nicht mehr stehen können“

Olli: Bei einer Niederlage mehr als ein Feldspieler. Bei Gegentoren mache ich mir oft Gedanken war der jetzt haltbar oder nicht. Oder hätte ich selbst etwas anders machen können um das Tor zu verhindern, z.B. einen Abwehrspieler früher rufen oder selbst einen Schritt früher raus zu kommen.
Manuel: In jungen Jahren hat mich das sicher mehr beschäftigt, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Da habe ich mir schon 1 oder 2 Tage danach noch Gedanken gemacht. Wenn ich jetzt einen Fehler mache und wir das Spiel aber trotzdem gewinnen, freue ich mich über den Sieg und kann den eigenen Fehler schneller abhaken, weil er folgenlos geblieben ist. In der 2. Mannschaft ist der Druck im Allgemeinen auch nicht so hoch wie in der 1. und ich kann das schneller verarbeiten. Sollten wir aufgrund meines Fehlers dann unentschieden spielen oder verlieren, mache ich mir mehr Gedanken, aber es raubt mir nicht den Schlaf. Letztendlich ist es ein Hobby und es gibt Schlimmeres im Leben.
Bird: Ich mache mir auf jeden Fall Gedanken darüber. Bei einer Niederlage ist das noch wesentlich schlimmer, wenn man selbst Schuld daran war. Ich kann dann trotzdem abends schlafen, aber man nimmt es doch mit in den nächsten Tag und bis zur nächsten Trainingseinheit. Dort werden Fehler dann nochmal angesprochen und es beschäftigt einen die Tage danach noch.
Manuel: Dienstags ist bei der Mannschaft und den Torhütern Spielanalyse. Wenn der Torhüter nicht schuld am Gegentor war sind es oft individuelle Fehler oder es war eine Fehlerkette der Mannschaft. Wenn wir einen Bock bauen, können wir die Schuld nicht bei anderen suchen, sondern müssen dafür die Verantwortung übernehmen und versuchen im nächsten Spiel wieder ein sicherer Rückhalt zu sein. Wichtig ist, dass diese Fehler zusammen mit Trainer und Torwarttrainer offen angesprochen werden. Schuldzuweisungen von der Mannschaft oder Trainer gibt es bei uns keine. Wir gewinnen und verlieren als Mannschaft zusammen.
Olli: Es entstehen aber öfters lustige Situationen auf dem Sportplatz, wenn der Trainer sich nochmal beim Torwarttrainer vergewissert, ob der Ball haltbar gewesen wäre. Das läuft dann oft so ab, wenn Bird ein Gegentor bekommt. Frage des Trainers: „Peter, war der für den Torwart haltbar?“. Peter schüttelt den Kopf. Antwort des Trainers: „Ok. Dann notiere ich: Fehler der Abwehr.“
FVE: Das klingt so, als ob es bei euch Torhütern nie langweilig wird.
Manuel: Nein, wir haben wirklich ein super Torwarttraining bei Peter. Auch wenn es oft sehr anstrengend ist, entstehen dort oft witzige Momente oder Aussagen. Eigentlich müsste die Schlagzeile des Interviews lauten: „Olli, Bird, Manu – rinksrum“. Wir machen beim Peter oft eine Übung, bei der links und rechts Hütchen stehen. Dann sagt der Peter z.B. links, dann muss man das linke Hütchen berühren und dann folgt ein Schuss in die rechte Ecke oder eben umgekehrt. Manchmal sagt der Peter aber auch „rinks“, dann wissen wir nicht was wir machen sollen und rennen dann einfach nach links, weil es sich für uns mehr nach „links“ anhört. Peter sagt dann wir sollten doch nach rechts laufen. Dann sag ich „Peter, aber du hast doch rinks gerufen“, dann antwortet er „nee, aber ich mein doch rechts“. Das ist dann immer sehr lustig.
Olli: Mir fällt auch noch was Lustiges ein. Bird war auch lange Zeit der Björn. Dann hieß es von Peter immer „Björn, pump die Bälle auf“ und Bird schaute mich verwirrt an und fragte: „Meint der mich?“.
Bird: Zum Tobse hat er auch lange Zeit „Robse“ gesagt.
Olli: Lustig ist auch, wenn Peter in Urlaub fährt und er dann das Training davor nochmal um einiges anstrengender macht als sonst, er selbst im Urlaub etwas zunimmt …
Manuel:… und er dann nach seiner Rückkehr über uns sagt „Au, da müssen wir aber ebbes machen“ oder „Oh, ich seh da aber links und rechts Pölsterchen“…
Olli:… da nennt er mich auch oft Qualle. Wobei ein Standardsatz von Peter für mich ist „Jungs, seid ihr warm?“. Er hat mich einmal vor dem Training angerufen und meinte er kommt pünktlich und fragte ob wir schon warm gemacht sind. Wir standen um 19.00 Uhr auf dem Platz – kein Peter Scholven. 19:05 Uhr – kein Peter Scholven auf dem Platz. 19:20 Uhr – kein Peter Scholven auf dem Platz. 19:35 Uhr – rast ein Auto mit Vollgas auf den Parkplatz und er rennt voll beladen auf den Platz und ruft „Jungs, seid ihr warm? Wir haben nur 20 Minuten, der Patte braucht euch gleich. Der ganze Plan ist durcheinander geworfen“. Und dann ist das Training noch intensiver als sonst. Ein Feldspieler sollte mal unser Torwarttraining mitmachen.

Danke euch dreien für das sehr lustige Interview. Den Luxus drei sehr gute Torhüter im Kader zu haben hat sicher nicht jede Mannschaft.


Januar 2015
Die Fragen stellten Sophie Henneberg und Simone Wein